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2014-02-17, 10:49 pm

Seeweh

.​.​. dann fahr ich vor mich hin, meist allein auf weiter Flur. Schöne Eindrücke, Schneefelder, Frühlingshimmel mit Pustewolken. Richtung Bodensee wird der Schnee weniger, das warme Klima macht sich bemerkbar. Sonne blitzt durch weißgraue Wattewolken.

Es geht eine kleine Anhöhe hinauf, von links ein Greifvogel. Ist das dein Bussard? Über der Straße fliegt er, nicht mehr als sieben Meter über dem Teer. Schwarz, filigrane Schwingen, gegabelter Schwanz. Unmittelbar kommen rechts vom Hang zwei weitere Vögel, tief, fast unheimlich, nah. Dunkel, wie chinesisches Schattenboxer vollziehen sie ihren Tanz. So nahe, als hielten sie mein kleines grünes Auto für die Frühjahrsbeute, wann schon kommt ein so großer Frosch des Weges. Schwarze Milane - noch nie in Freiheit gesehen.

Ich komme an den See, glitzernde Traumwelt für mich, wie immer. Jedoch konzentriere ich mich mehr auf die Ortsschilder, nach einem kleinen Umweg finde ich zu einem netten, ländlichen Hotel .​.​.

.​.​. endlich, entronnen. Drehe mein Radio auf, Zucchero, wie immer, wenn ich extremen Gefühlen ausgesetzt bin, ob lachend oder weinend. Singe lauthals mit: dentro una lacrima e verso il sole .​.​.

Boote unter bunten Schlafmützplanen warten auf ihren Einsatz, Haselnusssträucher mit langen, gelbbestaubten Kätzchen flattern wie erste Startfahnen im böigen Wind. Sehe nun endlich den See richtig, bedauere, nicht in sanften Wellen schwimmen zu können. Fahre wachträumend nach Bregenz. Heute nur kurz der Gedanke an meinen toten Freund, Dankbarkeit, eine kleine Träne Wehmut .​.​. poi, collammo giu e miseri noi .​.​. guardammo il blu.

Der Verkehr ist jetzt rege, wie immer auf dieser Strasse. Es geht aus Bregenz raus, ein paar kleine Ortschaften. Die Brücke führt nun über deinen Rhein. Schneeschmelzsandbeige und doch gletschertürkis und eisbachblau bewegt er sich wie flüssiger Labradorit in meinen See. Eine Möwe fliegt Richtung Ursprung, genau in der Mitte des Flusses. Besinne mich auf meine Ursprünge, mein Wesen.

Der See noch wintermatt, trüb. Draußen, wie so oft, Wolken, weltuntergangsgraublau, sie spiegeln sich im See, dunkeln ihn, der Horizont verschwimmt. Birken mit Misteln tauchen auf, viele, unzählige am Straßenrand, verzaubern, heilen.

In der Schweiz dreieckige Toblerone-Berge, schwarztannengrün mit weißen Furchen bis ins Tal. Sonne in der Ebene und den Bergen, immer noch gewitterglänzend das Wasser.

Heimweg am See entlang, so lange es geht. Er gibt Kraft, beruhigt. Ich verabschiede mich von ihm wie von einem Freund, wie immer - wie ich mich auch vom Meer immer verabschiede. Der Heimweg ruhig, fast kein Verkehr, genieße die Strecke. Wunderschönes Panorama der Alpen, von einer Stelle aus sieht man mehrere hundert Kilometer Bergkette .​.​.

- Von einer, die auszog -

Redakteur




2014-02-16, 09:45 pm

Der Helmut

Kennt ihr ihn? Der Helmut ist der, der höchstens 162 cm groß ist, dafür kilomässig net wesentlich drunter. Die Kilos sind vor allem im gleichmäßig runden Bierbauch und keinesfalls an den Steckerlfüßen. Er hat eine Halbglatze, die mausgrauen Haare sind von hinten drübergekämmt, damit man den Sonnenbrand net so sieht. Sie bleiben auch gut liegen, weil sie eh fettig sind. Wahlweise trägt Helmut beige Popelineshorts und natürlich Anzugsocken zu den nachgemachten B-Stockis, alternativ so eine lasche mittelbraune Stoffhose mit ausgeleierten Hosenträgern, weiße Frotteesocken und schwarzen Sandalen. Oben rum entweder weiß Feinripp (zur langen Hose) oder ein Anzughemd mit Speckkragen und aufgekrempelten Ärmeln (notfalls Gummi-Ärmelhalter) zur Shorts.

Hab neulich schon wieder einen Helmut getroffen. Da hatte er, wohl weil Sonntag war, genau die undefinierbar braune Hose, weiße Frotteesocken, schwarze Sandalen und dazu ein rotweiß kariertes Hemd an. Und, obwohl für ihn Sport ja Mord ist, hat er Nordic Walking Stöcke dabei gehabt, und beide gleichzeitig (!​) fünf Zentimeter vor seinem Bierbauch aufgesetzt. Weiter vorn wär net gegangen, weil die Arme dann aus waren.

Der Helmut ist alterslos, na ja, Nationalität schon eher deutsch .​.​. Soll ich noch sagen, dass er in meinen Ausschnitt linsen wollte, das aber nicht ging, weil er sein Speckgnack net drehen konnte?

Redakteur